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Günter Grass kam 1965 in meine Heimatstadt Cloppenburg. Ich hatte ihn als Vorsitzender der "Falken" eingeladen. 4000 Zuhörer hörten ihm in der "Münsterlandhalle" zu. Die Veransattung wurde massiv gestört.

Grass schrieb darüber in seinem Buch: "Mein Jahrhundert":

Text: 

.... Nein, lieber Freund, kein Verschleiß. Ich lerne dazu, sondiere langangestauten Mief, bin auf Schneckenspur, komme in Gegenden, in denen noch immer der Dreißigjährige Krieg tobt, jetzt, zum Beispiel, nach Cloppenburg, schwärzer als Vilshofen oder Biberach an der Riß. Gustav Steffen steuert uns pfeifend durchs flache Münsterland. Kühe, überall Kühe, die sich im Rückspiegel vermehren und die Frage aufwerfen, ob hierzulande sogar die Kühe katholisch sind. Und immer mehr vollbepackte Traktoren, die wie wir in Richtung Cloppenburg fahren. Es sind vielköpfige Bauernfamilien, die dabeisein wollen, wenn in der von uns gemieteten Münsterlandhalle der Leibhaftige spricht...

Zwei Stunden benötige ich für die Rede »Es steht zur Wahl«, die sonst in knapp einer Stunde vorbeirauscht. Ich hätte auch mein »Loblied auf Willy« vom Blatt weg posaunen können oder »Des Kaisers neue Kleider«; doch diesen Tumult hätte selbst eine Lesung aus dem Neuen Testament nicht beschwichtigt. Auf Eierwürfe reagiere ich mit Hinweisen auf »verschleuderte« Subventionen für die Landwirtschaft. Gezischt wird hier nicht. Hier geht es handfester zu. Einige Bauernjungs, die gezielt mit Eiern warfen und auch trafen, werden mich vier Jahre später, als nunmehr bekehrte Jungsozialisten, zur zweiten Runde nach Cloppenburg einladen; doch diesmal ermahne ich die Eierwerfer aus moorlochtief katholischem Wissen: »Laßt das, Jungs! Sonst müßt ihr am nächsten Sonnabend eurem Herrn Pfarrer ins Ohr beichten ...«

Als wir den Tatort, beschenkt mit vollem Eierkorb - die Gegend um Vechta und Cloppenburg ist bekannt für drangvolle Geflügelfarmen -, verließen und ich ziemlich bekleckert den Beifahrer abgab, sagte Gustav Steffen, der wenige Jahre später bei einem Verkehrsunfall ums junge Leben kam, mit Blick auf den Rückspiegel: »Geht bestimmt schief, die Wahl. Aber hier, das hat Stimmen gebracht."

 

 

Peter Brinkmann  | brinkmann.peter@gmail.com