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Abgekatert oder zufällig? Es war zufällig!

Berliner Kurier Ausgabe 18.April 2009, Seite 2

 

Berlin - War die berühmteste Pressekonferenz der jüngeren Geschichte ein abgekartetes Spiel? Der italienische Journalist Riccardo Ehrman (79) überraschte jetzt mit einer neuen Version der Ereignisse vom 9. November 1989.

 

Ehrman saß damals direkt vor Politbüromitglied Günter Schabowski. Viele Hände waren oben, um Schabowski eine Frage zu stellen. Auch die von Ehrman. Schabowski nahm Ehrman dran. Und der fragte nach dem Reisegesetz. Mit dieser Frage und mit der dann folgenden Zwischenfrage nach dem „Wann?“ kam der Mauerfall in Gang.

Bis heute galt dieser Ablauf als zufällig. Ehrman sagt aber jetzt: „Die Frage nach dem Reisegesetz war kein Zufall. Ich bekam vorher einen Anruf aus dem Konferenzzimmer des ADN-Chefs. Ein mir bekannter SED-Funktionär forderte mich auf, unbedingt nach dem Reisegesetz zu fragen. Das sei sehr wichtig.“

Doch Ehrman hatte nicht allein den Tipp. Fast alle im Saal des „DDR-Pressezentrums“ wussten, dass das Reisegesetz am Nachmittag im ZK behandelt worden war. Und alle warteten darauf, dass Schabowski das Ergebnis verkünden würde. „Aber ich hatte es schlicht vergessen, bis dann die Frage kam“, sagte er jetzt dem Berliner

KURIER. Schabowski weiter: „Was Ehrman jetzt erzählt, ist totaler Quatsch. Ehrman war es auch nicht allein, der die Dinge in Gang brachte. Die entscheidende Zwischenfrage, nämlich ab wann das gelten soll, kam von Peter Brinkmann, heute Reporter beim Berliner KURIER. Es war wirklich alles zufällig!“

 

Berliner Kurier 5. Oktober 2009

 

 Heute geht es los. Angela Merkel und Guido Westerwelle müssen nun einen Bündnisvertrag aushandeln, der vier Jahre

halten und Deutschland in eine bessere Zukunft führen soll. Ich habe da so meine Zweifel, ob dasgelingen wird. Die Kanzlerin will eigentlich ihre sozialdemokratische Politik der letzten vier Jahre fortführen. Das heißt: Wachstum auf Pump, soziale Gaben auf Pump, Steuergeschenke auf Pump. Möglichst viel Gutes tun, möglichst wenige Zumutungen. Das wird der FDP nicht gefallen. Westerwelle muss gegenhalten, denn sein Kurs heißt: Weniger Schulden, Steuergeschenke für die Leistungsträger, Einschränkungen für die Schwachen. Wie das zusammengehen soll, istmir rätselhaft. Am Ende kommen faule Kompromisse heraus. Das wird zum Himmel stinken. Das aber ist die Chance für die Opposition aus SPD, Linke und Grünen. Sie müssen gemeinsam Schwarz-Gelb kräftig auf die Finger schauen. Das ist lebendige Demokratie.

 

 

 

Peter Brinkmann  | brinkmann.peter@gmail.com